In Teil 2 hast du schon einiges darüber erfahren, wie du deine Tätigkeiten so abändern kannst, dass du dadurch weniger Energie ausgibst und so hoffentlich Crashs unwahrscheinlicher machst: durch das Aufteilen, Verändern, Abgeben, Abgewöhnen sowie das Durchführen von Tätigkeiten mit einer anderen Einstellung.
In diesem Artikel geht es darum, welche technischen und nicht technischen Dinge dich in deinem Alltag entlasten können. Weiterhin nach dem Motto: Alles, was Energie spart ist gut und bringt dich ein Stück weit aus deinem Tief heraus und/oder gibt dir die zumindest die Freiheit, Energie für schöne oder wichtige Tätigkeiten auszugeben. Ich hoffe, ich kann dir ein paar gute und vor allem auch nicht-naheliegende Tipps geben.
Technische Energiesparer
Ich meine, wir haben heutzutage mit dieser elenden Krankheit zumindest bessere Karten als noch vor 20 oder mehr Jahren. Weil die Technik weiter ist. Lass uns daraus Vorteile ziehen!
Ich war auf der Bell Skala bei 0, also vollkommen bettlägerig. Und habe, trotz gütiger Hilfe von mir nahestehenden Personen, rückblickend viel Energie mit Dingen verbraten, wofür es auch technische Unterstützung bzw. Alternativen gibt: Gänge zu Lichtschalter, Fenster und Jalousien, aufwendiges Hoch- und Umlagern im Bett oder ausgeliefert sein bei ständigen Geräuschen.

Fernsteuerbare Lichter: Wie oft bin ich täglich zu diversen Lichtschaltern gewackelt? Das hat mich locker 10-20 mal Umwege oder sogar aufstehen aus dem Bett gekostet. In meiner schlechtesten Zeit hab ich nicht mal 100 Meter pro Tag geschafft, da ist jeder ersparte Schritt Gold wert. Wir haben die Hauptbeleuchtung sowie zwei zusätzliche Lichter zur indirekten Beleuchtung auf fernsteuerbar umgestellt. In unserem Fall mit Phillips Hue Lichtern, die von Amazons Alexa bzw. per Handy-App gesteuert werden können. Die indirekte Beleuchtung macht so ein Zimmer nicht nur kuschelig und man hat tausende Farbtöne gegen die tägliche Monotonie der Bettlägerigkeit, sondern es bietet bei Lichtempfindlichkeit echte Schonung.
Elektrische Fensterheber: Um den Kontakt zur Außenwelt und seinen Naturgeräuschen nicht ganz zu verlieren, musste ich mindestens 3x pro Tag jemanden in mein Zimmer bestellen. Und der/die Arme musste dann auch noch 10-15 Minuten Lüftzeit abwarten, ehe er wieder gehen durfte. Und dann gibt ja neben dem Lüften auch noch Gründe wie Geräusche oder Gestank von draußen. Die Auswahl an Fensterhebern zum Privatgebrauch ist, gemäß einer schnellen Onlinerecherche, nicht sonderlich groß, aber zum Glück haben wir bei Amazon einen passenden elektrischen Fensterheber gefunden. Aber Achtung: Bedenkt, dass dieser nur für Klappfenster passt und achtet auch genau auf die Maße. Mit X Euro und einem etwas handwerklich geschickten Helfer erhält man die Freiheit, das Zimmerfenster beliebig oft per Smartphone (via Alexa Echo oder Google Home) oder Fernsteuerung auf- und zuzumachen, manuell oder automatisch nach Zeitplan.
Elektrische Jalousie: „Bitte Jalousie runter“, „Jalousie rauf, zu dunkel“. Wie oft habe ich das in mein Smartphone getippt, damit jemand das für mich macht. Und wie schwierig war es, den richtigen Winkel für die Lamellen zu besprechen, wo ich doch so hinüber war, dass ich mir selbst das Sprechen sparen musste? Hier habe ich keinen Produktvorschlag für euch, weil meine von einem Fachgeschäft in der Gegend kamen. Ich kann euch nur empfehlen, einezu besorgen, die sich per App steuern lassen – sonst stapeln sich bald die Fernsteuerungen und das Problem, sie alle im Bett finden zu müssen (ihr kennt das, wenn der halbe Haushalt im Bett verteilt ist).

Noise Cancelling Kopfhörer: Klar, es gibt natürlich die guten alten Ohropax, wenn es richtig laut wird. Aber für mittellaute Störquellen finde ich Kopfhörer angenehmer, weil sie nicht komplett von der Außenwelt abschotten. Und, natürlich, weil man nebenbei Musik hören kann – da das in meiner schlimmsten Zeit fast das einzige war, was ich tun konnte, wollte ich darauf nicht zugunsten von normalen Ohrenstöpseln verzichten. Holt euch am besten welche mit Active Noise Cancellation (ANC), die filtern noch geschätzte 20% von den Umgebungsgeräuschen heraus. Diese hier von Sony sind zugegebenermaßen schon obere Mittelklasse bis Oberklasse, aber sie sind kompakt, haben in der kleinen Aufbewahrungsdose dank integriertem Akku eine lange Laufzeit und bieten natürlich guten Sound.
Elektrisch verstellbares Bett: Dafür gab es gleich mehrere Gründe. Wir begannen, mich oftmals anders zu lagern (Füße hoch, Kopf hoch), um drohenden Schäden vom ewig gleichen Liegen vorzubeugen. Dazu braucht man wegen der Anstrengung einen Helfer und muss dennoch sich zusätzlich selbst anstrengen. Und dann war da der Pflegedienst, der ohne Pflegebett zu streiken drohte – das Bett war schlichtweg zu niedrig, was den Arbeitschutzvorschriften nicht entsprach. Ein echtes Pflegebett inklusive dem heimeligen Krankenhausdesign wollten wir mir wegen der Psyche möglichst lang ersparen. Also haben wir diesen Schnapper gefunden – der kann bequem per Fernsteuerung Kopf und Fuß nach Wunsch auch sehr stark hochlagern und sieht zudem angenehm nach normalem Bett aus. Einziger Nachteil: Strenggenommen müsste auch das Mittelteil hochstellbar sein bzw. das ganze Bett in der Höhe verstellbar sein, um den Ansprüchen des Pflegedienstes zu genügen. Sprecht am besten vorab mit eurem, ob es dennoch so auch in Ordnung ist.
Staubsaugroboter: Jaja, ich weiß, die Dinger saugen nicht so gut wie man selbst. Aber das solltest du dir ja, je nach Zustand, aus Gründen eh sparen! Und klar, wenn man gut finanziell abgesichert ist bzw. es in Hotel Mama inklusive ist, kannst du das auch jemand anderen tun lassen. Trifft das nicht zu, empfehle ich dir einen der Staubsauger, die mittlerweile für erstaunlich wenig Geld den durchschnittlichen Boden zu 90% staubfrei machen. Eins musst du jedoch wissen: Wenn’s bei dir aussieht wie bei Hempels unterm Sofa, hast du damit keine Freude. Zu gerne verheddert er sich in Kabeln und kann natürlich auch nicht Zaubern, wenn viele Dinge am Boden im Weg stehen. Extratipp: Wer’s gerne besonders sauber hat, kann auch nach Wischrobotern gucken. Oder gleich einen Alleskönner, der saugen und wischen kann.
Nicht-technische Energiesparer
So, jetzt wirds ein wenig weniger geekie. Wer’s mit technischen Gadgets nicht so hat, ist jetzt in diesem Teil richtig.
Alltagskorb: Vielleicht ist dir das jetzt zu banal oder/und du bist längst selbst drauf gekommen, aber es hat nun mal viel gebracht, also möchte ich es nicht weglassen. Als kleiner Effizienzfetischist war mir bald klar, dass ich nicht ständig Sachen aus anderen Zimmern holen kann. Also habe ich mir vom Pflegedienst in der Früh einen Korb mit kleinen Snacks (Obst, Gemüse, Nüsse, Trockenfrüchte) und Getränken packen lassen, um mit diesem dann lange an einem Ort bleiben zu können. Zusätzlich waren dort drin Utensilien wie Urinflasche, Feuchtetücher, Tempos, Kopfhörer, Ohropax, Powerbank fürs Handy und mein Nackenentspannungsgerät (siehe Teil 1). So konnte ich gut und gerne einen halben Tag irgendwo zubringen, ohne jemanden zu nerven. Und ok, ich geb’s zu, ich bin eine faule (oder schlaue?) Socke und trag den Korb in abgespeckter Ausstattung immer noch durch’s Haus.

Rollendes Nachtkästchen: Wer länger bettlägerig ist, wird irgendwann feststellen, dass der halbe Haushalt neben, auf und unter dem Bett ist. Platz ist dafür jedoch logischerweise nicht. Dann heißt es bald „ein Griff, und das Suchen geht los.“ Was habe ich schon mich verausgabt, um unter der Decke oder sonstwo um meinen Körper herum nach Dingen zu suchen. Platz für eine Ablage neben dem Bett ist auch nicht – entweder es gibt das Zimmer nicht her oder man verstellt sich den Zugang zu seiner horizontalen Erholungsmöglichkeit. Die rettende Idee: Eine verschiebbare Ablage mit viel Stauraum wie dieser Rollcontainer von Ikea. Dort passt vom benutzten Besteck über meine heißgeliebten Entspannungsutensilien alles rein und auch der Pflegedienst kann es für das Ablegen seines Wasch-Equipments gebrauchen.
Greifarm: Eine gute Ergänzung zum Rollcontainer ist ein Greifarm, wie man ihn für den Garten oder zum Müllaufsammeln kennt. Der reicht auch bis zu weiter entfernten Ablagen, wie etwa in Doppelbetten auf die Seite, die leider bei CFS-Schicksalen oftmals menschenleer bleibt. Spart euch das Rumwälzen oder freut euch über eine größere Reichweite im Rollstuhl, was euch oftmals kräfteraubendes Aufstehen erspart. Ich habe hier keinen speziellen Produkttipp für dich, aber ich bin sicher, du findest problemlos einen.
Da der letzten Geek-Tipp schon wieder so lange her ist, muss zum Abschluss noch etwas Ausgeflipptes her: Ein Skateboard. Nein, mir sind trotz den mutmaßlichen Entzündungen in meinem CFS-Hirn keine Synapsen durchgebrannt (glaube ich jedenfalls). Es gibt wirklich einen Instagramer, der sich liegenderweise auf dem Skateboard durch seine Wohnung bewegt. Ich vermute, er hat POTS bzw. eine orthostatische Intoleranz, weswegen sein Puls das Sitzen im Rollstuhl oder gar das Gehen nicht gut toleriert. Im Gegensatz zu allen anderen Tipps habe ich den hier nicht selbst ausprobiert, aber ich vermute, es rentiert sich nur bei Strecken über 10 Meter, weil man ja auch mühselig auf das Brett und dort auch wieder runter muss.